Buchrezension Schreibtisch mit Aussicht (Hrsgb. Ilka Piepgras)

Dieses Buch braucht mehr als ein Lesebändchen. Ich wüsste sie alle unterzubringen. Am besten mit aufklappbaren Themenhinweisen.

Es ist ein weiteres Lehrbuch über das Schreiben und gleichzeitig so viel mehr. Eine lebenskluge Enzyklopädie von während der Schreibarbeit auftretenden Gemütszuständen, ein Hilfsmittel der Arbeitspsychologie, das gut in die Abteilung Selbsthilfe passt, dabei gleichzeig spannende Unterhaltung und Inspiration.

Jeder Autorinnenabschnitt steht für sich. Die von der Herausgeberin vorgegebene Reihenfolge muss beim Lesen nicht eingehalten werden. Obwohl ich also die mir bekannten Schriftstellerinnen zuerst ansehen könnte, habe ich dennoch von vorn durch die Seiten gelesen, und bin jetzt ungefähr in der Hälfte angelangt.

Vor einigen Kapiteln, im Beitrag von Kathryn Chetkovic, habe ich das ungeschriebene Gesetz sauberer Bücher nicht mehr einhalten können. Ich zückte den Bleistift und strich Wörter, Sätze, ganze Passagen an, malte Ausrufezeichen neben Absätze und schrieb mir Notizen an den Rand, so sehr wünschte ich mir, mit Jemandem über das gerade Gelesene zu reden.

Das Buch durchzulesen ist wie, nacheinander an Seminaren im Studienfach Überleben als Schriftstellerin teilzunehmen, mit Professorinnen, deren Ruf und Fachkenntnis ihnen vorauseilt.

Lauter Koryphäen sind zu ihrem Schreiballtag befragt und in dem Buch versammelt. Ihre Berichte und Erzählungen wirken wie Stellungnahmen, die das eigene Schreiben entweder niedermachen oder aufrichten können. Beides ist möglich. Wenn man sich in den beschriebenen Situationen wiedererkennt, ist aber eines gewiss, man ist mit Leib und Seele Schriftstellerin!

Lesen, lesen, lesen.
Das zumindest ist der häufigste Ratschlag für Ideensucher. Wenn das heimische Bücherregal nicht mehr ausreicht, hilft die Bibliothek. Für Leute wie mich, die jedes Buch wie ein Lehrbuch mit eigenen Notizen versehen, muss es ein Exemplar aus der Buchhandlung sein. Da sind gute Beziehungen zu einem Lieblingsbuchladen nützlich:  https://www.genialokal.de/buchhandlung/potsdam/

Natürlich gilt genauso die Devise: gelesen-gesehen-gehört. Was es als Buch gibt, kann manchmal als Film ganz anders wirken, besonders, wenn der Film durch die Musik eine prägnante Verbesserung erfährt oder sogar nur deshalb produziert wird. Deshalb Ohren auf bei der Musikwahl im Schreibprozess. Ich mag gerne die positive Grundstimmung des Soundtracks von „Greatest Showman“. Für Täterszenen im Thriller höre ich gern Michael Jackson (Warum wohl?). Wenn ich aber noch gar nicht weiß, wo ich hinschreiben will, ist etwas Leises im Hintergrund hilfreicher: maltestageblog.blogspot.com
Für mich unvermeidlich ist immer eine kurze Ansage, wie  die Schreibregeln grundsätzlich für das geplante Werk aussehen. Dafür gibt es zum Glück  Schreibcoaches, die mit Augenzwinkern ergänzen, dass man Regeln auch brechen kann.  Meine ersten Übungen erhielt ich bei: bettinahampl.weebly.com

Genauso wichtig wie das Entwerfen und Schreiben allein oder zu zweit ist der Austausch in der Gruppe. Die Mitglieder meiner heimlichen Zweitfamilie  reden genauso gern, viel und erfolgreich, wie sie schreiben. Schaut mal rein unter: www.carolawolff.de, www.bettinakerwien.de,www.andersalborg.de.

Lieblingszitat

Thomas Mann

„Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.“

Es ist leicht, die augenfällige Botschaft anzunehmen und damit glücklich zu werden. Es bedeutet nämlich genau das: eine Erleichterung. Man muss sich nicht wahnsinnig anstrengen, um etwas neu zu erschaffen, man kann einfach das nehmen und benutzen, was da ist.

Eine Weile reicht das und dann nicht mehr. Wenn man die Fantasie für sich gefunden hat, bedeutet es, sich VORSTELLEN zu können, was man aus den Dingen machen kann. Die Vorstellungen umzusetzen, bedeutet nicht mehr Fantasie, sondern Kreativität. Fantasie ist also der erste Schritt zur Kreativität; erst (aus)denken, dann machen.