Vielleicht ist es allen ungeduldigen Menschen eigen, ich bin jedenfalls kein Beispiel für Rückwärtsgewandtheit. Von daher liegt es mir nicht, das Jahr 2022 im Schnelldurchlauf zu betrachten nach dem Motto, ich hätte den Film verschlafen und ziehe mir jetzt die Kurzfassung rein, um den Schulaufsatz abzuliefern.
Mein Blick geht am liebsten nach vorn, ungeduldig, was kommt, hoffend, dass viel Schönes dabei sein wird. Immer ein Schritt vor, durchaus im Bewusstsein des Mitgestaltungsrechtes mittels guter Vorsätze. Sport rangiert in den Listen gern weit oben. Auch bei mir bedeutet es nicht unbedingt, sofortige Umsetzung. Der Silvesterlauf um den Teufelsberg und/oder den Teufelssee in Berlin zum Beispiel hat mich gereizt. Doch obwohl Westberlin von Potsdam nicht weit entfernt, das Wetter ungewöhnlich mild ist und ich nichts anderes vorhabe, als diesen Text zu schreiben, bewege ich mich nicht durch die laue Natur Berlins, sondern sitze wie üblich vor dem Laptop an meinem Küchentisch, der sportliche Hüftschwung kommt mit Lambada aus dem Radio.
Dennoch hat das kommende Jahr bessere Aussicht, ein sportliches zu werden, als das zurückliegende. Im Dezember hat nämlich neues Equipment Einzug in unsere Wohnung gehalten. Nachdem nun auch die notwendige Schonmatte für den Fußboden eingetroffen ist, steht der Nutzung des Rudergerätes nichts mehr im Weg. Passenderweise hat es im Arbeitszimmer Platz, eine ständige Mahnung beim Hinsetzen und Aufstehen im Rücken meines Bürostuhls.
Dabei fällt mir auf, dass wir ab jetzt wie für Zirkeltraining ausgerüstet sind. Im Zimmer gegenüber, dass von der Jugend bewohnt wird, sind Übungen an Sprossenwand und Trampolin möglich. Sofern die hölzernen Holme von den Terrabändern befreit und die schwingende Fläche nicht mit gestapelter Wäsche und Ausbildungsordnern belegt ist. Unter der Bücherbank im Wohnzimmer hockt die Vibrationsplatte, zugedeckt mit Yogamatte und Faszienrolle. Als Stretchingbereich bieten sich nach wie vor die oberen Fenster der Wohnung an, die besonders im Bad im erhöhtem Schwierigkeitsgrad nur mithilfe Turnerei auf dem Wannenrand erreichbar sind.
Im Moment komme ich da nicht an, muss mich wohl beim Tragen und Umherschieben der Bücherkisten gezerrt haben. Die werden in meiner Vorstellung demnächst leerer, wenn die avisierten Lesungen die Nachfrage nach meinem Psychothriller Gelogenes Leben anheizen, den ich nach etlichen Jahren des Brütens endlich in die Hitze des letzten Sommers entlassen habe. Insgeheim wünsche ich mir eine Verfilmung des Stoffes, weil das Lesen dem gehetzten Publikum zu viel Zeit abverlangt. Bis es so weit ist, werde ich weiter kleine Filmchen von Lesungen und Auftritten in meinem YouTube-Kanal Literatur-von-Ina-Wulf hochladen.
Bananarama singt vom Cruel Summer, während sich das Tastaturtippen deutlicher zwischen meinen Schulterblättern abzeichnet als auf dem Bildschirm. Zeit für das Rudergerät.
Sport frei 2023!